Nathan und Lisa
Eigene Produktion, Theater für Erwachsene, Theater für Jugendliche
Ein musikalisches Schauspiel rund um die Duldsamkeit - frei nach "Nathan der Weise", einem dramatischen Gedicht aus dem Jahre 1779 von Gotthold Ephraim Lessing - erarbeitet und erzählt von Michael Reinhold Schmitz und dem Ensemble des KungerKiezTheater.
In Zeiten einer vermeintlichen Islamisierung bzw. Überfremdung, des Einzugs der AFD in die Parlamente und dem Erstarken rechten und homophoben Gedankenguts befasste sich das KungerKiezTheater ab September 2017 mit Lessings Drama „Nathan der Weise“, das als einer der Schlüsseltexte der Aufklärung gilt, und in dessem Zentrum mit der berühmten Ringparabel einer der bedeutendsten Repräsentanten der Toleranzidee steht.
Nathan der Weise“ diente dabei als Ausgangspunkt zur Erarbeitung einer neuen zugänglicheren Form bzw. Fassung der Erzählung Lessings. Es entstand ein neuer Text, der in Sprüngen zum Originalschauplatz im Mittelalter und seiner Entstehungszeit, der Aufklärugsepoche, referiert, aber in der Rahmenhandlung im heutigen Berlin spielt, wo rivalisierende Jugendgruppen Konflikte auch gewaltsam lösen. Nur die jugendliche Heldin Lisa vermag die (zeitlichen) Grenzen zu überschreiten und tritt in den Dialog mit Nathan und den Philosophen. So stehen am Ende fast tausend Jahre Menschheitsgeschichte auf dem Prüfstein, und letztlich auch wir selber und unsere Haltungen und Einstellungen. Das Stück soll jugendlichen wie erwachsenen Verunsicherten und Verbitterten ganz ohne Fingerzeig echte Alternativen zu Hass, Wut und Ausgrenzung aufzeigen und die wieder dringend notwendige Auseinandersetzung mit den Begriffen Toleranz, Akzeptanz, Integration usw. in einer pluralen Demokratie anregen.
Produktion: KungerKiezTheater unter der Leitung von Michael Reinhold Schmitz
Spielzeit: 2017/2018
Premiere/ Uraufführung: 8. Juni 2018, 5 weitere Aufführungen im Zeitraum vom 9. bis 17. Juni - zusätzliche Filmdokumentation
Das Ensemble bestand paritätisch aus ca. 25 Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren im Alter von 15 bis 75 Jahren. Ein Teil der Gruppe widmete sich zunächst der Erarbeitung des mittelalterlichen Handlungsstrangs. In Kleingruppen wurden Szenen nach einer neuen Textvorlage „erlesen“, dann gemeinsam erschlossen und diskutiert. In einem zweiten Schritt erfolgte eine weitere Bearbeitung mit Unterstützung von Regie und Dramaturgie.
Eine zweite Gruppe erarbeitete parallel dazu mit verschiedenen Improvisations- und Kreativmethoden Figuren und Konstellationen, Inhalte und Handlung, die in der "Jetzt-Zeit" agierten und spielten. Begleitet wurden relevante Themen angegangen, wie zum Beispiel Identität, Gruppe & Rolle, Toleranz, Ausgrenzung und Diskriminierung.
So entstanden parallel zwei zunächst unabhängige Handlungen, die aber immer weiter in den Dialog traten und schließlich begannen aufeinander zu wirken und zu interagieren.
Zur Ergänzung und zum Input besuchte die Gruppe gemeinsam Theatervorstellungen, Ausstellungen und Workshops.
Insgesamt handelte es sich so beim Ergebnis um ein echtes Ensemblestück, in dem wesentliche Inhalte gemeinsam und im Prozess erarbeitet und immer wieder neu verhandelt werden. Alle Entscheidungensollten nicht in Mehrheitsentscheiden, sonder im Konsens getroffen werden.
Auch Bühnen- und Kostümbildner arbeiteten in einem Team zusammen und entwickeln gemeinsam. Ähnlich wie in früheren Produktionen spielte auch Musik eine große Rolle spielen. Zwei Musiker erarbeiteten gemeinsam mit den Schauspielern und unter Einsatz von TAKETINA (ein rhythmuspädagogischer Ansatz) den „Soundtrack“ zum Stück, der zu großen Teilen von den Beteiligten live gespielt wurde.
Der Probenprozess wurde durch ein eigenständiges Film-Dokumentationsprojekt unter der Leitung von Michael Westrich begleitet. Der Dokumentarfilm, der durch ein Team (mit: Hannah Verstegge, Maria Manowski, Artem Kirichuk) entwickelt wurde, hatte einige Monate nach dm Theaterstück Premiere. Hier sollten vor allem die Grenzen der Toleranz ausgelotet und erforscht werden. Diese Team war auch verantwortlich für die permanente Dokumentation des Projekts auf unserm BLOG myheimatberlin.org, auf dem der Probenprozess verfolgt werden konnte.
Regie: Michael Reinhold Schmitz
Dramaturgie: Katrin Heinau
Text: Michael Reinhold Schmitz
Musik/Komposition/Repetition: Helmut Erler (heyrec), Michael Reinhold Schmitz
Kostüm/Bühne: Hannah Schorch, Joshuah Regitz, Renan Ran Harari
Licht: Michael Scheunemann
Film-Dokumentation/Leitung: Michael Westrich
Print/Öffentlichkeitsarbeit/Organisation: Katrin Heinau, Ricky Strohecker
In den Rollen:
Hessam Alawuddin (Hussein), Prince Mohammad Arsalan Chughtai (Noragami, Zaid), Torsten Daum (Saladin), Bernhard Gaudian (Malik & Benjamin), Mathilda Gevers (Djamila, Schülerin). Holger Franke (Nathan), Pauline Sommer (Emily), Luna Ananda Grünbauer (Lisa), Helga Jarisch (Daja), Jörg Karsten (Al-Hafi), Artem Kirichuk (Lars-Roland), Marianne Klimat (Recha), Maria Manowski (Sittah), Maximilian Neumann (Tempelherr), Anna Röpke (Patriarch), Saad Qabbani (Ali), Christian Schäfer (Klosterbruder), Shelley Soffer (Rabbiner), Enes Tuefekci (Keifh), Urszula Urban (Krankenschwester)
Eine Produktion des
Diese Produktion wurde unterstützt und gefördert durch:
Aktionsfonds Partnerschaften
für Demokratie Treptow-Köpenick
Projektfonds Kulturelle Bildung
Amt für Weiterbildung und Kultur des BezirksTreptow-Köpenick und die
Bürgerstiftung Treptow Köpenick
Ebenfalls danken wir dem
Jüdischen Museum Berlin
für seine großartige Unterstützung
Fotos - Arbeitsprozess: Michael Westrich
Fotos zum Stück und in der Galerie: Samuel Siepmann
Rechte Text, Musik und Begleitmaterialien: Michael Reinhold Schmitz und KungerKiezInitiative e.V.